Vier Jahre alt ist sie. Party mit Nachbars-copii. Spielchen und „tort“. Sie quietscht.
Aber nicht nur deswegen werden die Fahnen hochgezogen. Es riecht noch nach mehr.
Pitesti ist
eine Industriestadt. Rundherum sind Dörfer?Orte? ohne Anfang und ohne Ende,
ohne Mitte und Herz, dafür mit Kaufhaus und Lidl, mit Tankstellen und Lichtsignalen, mit Bahnübergängen und Sicherheitszäunen.
Mit neuen, breiten Strassen von wo nach wo, gebaut von den Francesi und
Italiani, um ihre Fabriken und Industrieparks zu verbinden. Und Häuser halt auch - für die Menschen, und dazwischen ein "Magazin Mixt" mit Bier, Wasser und schlechtem Brot.
Fünf Kilometer
davon entfernt befindet sich Vieros mit seinen zwei unasphaltierten
Dorfstrassen, alten und meist ärmlichen Häusern, Pferdefuhrwerken, Holz
schleppenden Weibern, streunenden Hunden, frei laufenden Kühen und Pferden und
der Kirchenglocke auf dem improvisierten Holzgerüst. Aber schön gelegen im
kleinen Tal zwischen Wäldern und Weiden. The romantic way of no future.
An der
Schnittstelle dieser zwei rumänischen Welten steht eine Cafeteria. Ein moderner
Neubau mit Glasfront und Terrasse. Nicht einfach hingestellt. Mit Prädikat
„Architektur“ (geplant von Schweizer Architekt). Mit George Clooney-Nespresso. Tische Holz
massiv. Boden Eiche. Zucker in Schäleli. Milch in Chrüegli. Im unteren Stock
das Ristorante Italiano. Pizza und Pasta buonissima. Davor ein Auto mit Berner
Kontrollschildern. Darin eine hübsche, quirlige rumänische Chefin. Was fehlt, ist ein Schild an der Eingangstür: „Man spricht Deutsch“.
Beziehungsweise: „Mir verstöh Bärndütsch“.Isabella heisst der Engel mit den roten Lippen. Sie hat einige Jahre in der Schweiz gearbeitet. Offensichtlich aber mit offenen Augen und Ohren. Sie kennt den Monte Bré, das Stade de Suisse, den Bahnhof Olten, Wilhelm Tell in Altdorf, den Furkapass und schätzt an St.Gallen die Bratwürste mehr als den Dialekt. Sie hat Geld gemacht, und sie macht Geld. Jetzt mit den Dacia-Herren aus dem richtigen Europa. Und hinter ihrem Make-up ist ein lustiges Gesicht. Und dahinter ein kluges Hirn. Und, mai jos, weiter unten, ein gutes Herz.
Daher kann die Fahne am Cosmin-Häuschen bald gehisst werden. Es riecht nach Arbeitsstelle!
Und wie war
es vor zwei Monaten? – Ich lande oder strande in diesem Vieros, stelle das
Rolling sweet home auf den Hügel zwischen Kirche und Friedhof, setze Kaffeewasser
auf, und draussen steht einer mit ein paar Zwetschgen auf einem Teller und
ruft: „Signorina!“.
Campulung
war mal die Hauptstadt Rumäniens. Weitere Städte waren es auch schon.
Campulung
liegt in den Karpaten. Dort ist es schön, wenn die Herbstsonne scheint. Und sie
schien.
Weiter durch die Karpaten Richtung Brasov kommt man nach Dambovicioara. Ziemlich bergig, so emmentalmässig. Es wird auch überall Käse verkauft. Von knorrigen Männern und gewichtigen Frauen. Kühe weiden am Bachrand, und Holzscheunen stehen ferienprospektwürdig auf den gemähten Wiesen. Pensionen und Hotels erinnern sanfttourismushaft an Dörfer in Walliser Tälern. Die Strasse windet sich durch steile Felswände wie in … Eben: Die Vergleiche mit Schweizer Orten wollen sagen: „Hei, es ist wirklich schön hier!“
Man gelangt
dorthin, wenn man zu sechst in einen Opel Astra sitzt. Dieser braucht aber
Benzin. Und die paar getankten Liter sind einmal aufgebraucht. Dann muss man
wieder ein paar auftanken. Und diese sind auf dem Rückweg mitten in der
Dunkelheit auch plötzlich aufgebraucht. Dann muss man die Warnblinkanlage
einschalten und überlegen. Aber irgendwann ist man zu Hause und isst Mamaliga
mit Käse gefüllt. Es fehlt vielleicht etwas zu trinken dazu. „Christoph, hast
du 15 Lei, dann gehen wir ein Petfläschli Schnaps kaufen?“