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Dienstag, 29. Oktober 2013

Dunare - Die letzten 100 Meter

Naturparadies, Fratzen zerfallender Gebäude, Wasser ...

keine Strasse, verrostende Schiffe, Bankomaten, Kühe und warme Herbstsonne.
Ich bin in Sulina, dem äussersten Ort des Donau-Deltas, wo diese sich, den Salzgeruch schon angenommen, dem Schwarzen Meer übergibt.
"Hey friend, you need room?", wurde ich an der Schiffsanlegestelle empfangen. - Ja, aber ich selber looki looki.


Drei Stunden dauerte die Fahrt mit dem Katamaran von Tulcea durch den mittleren der drei Donaumündungsarme bis hierhin. Das Rolling-sweet-home musste ich zurücklassen, da es keine Strassen ins Delta gibt.

30.10. Unde sunt? - Wo bin ich?
Der gestern gesetzte Titel erscheint mir heute zu sachlich. Ich suche:
End of Dunare - End of World (ist zu effekthascherisch)
Oder: Vergangenheit minus Zukunft = Gegenwart
Jedenfalls ist dies ein Ort, der einen zum Philosophieren bringen muss. Die simplen Woher- und Wohin-Fragen stellen sich unweigerlich. Und das eben an einem Ort, der gute Antworten verdammt schwierig macht. Beziehungsweise unmöglich. Es gibt kein Woher und Wohin. Es gibt nur die Gegenwart, das "What is it all about?".
Oder ist es gar nicht so schlimm hier in Sulina? Ist es mehr die symbolträchtige Lage am Ende dieses langen europäischen Flusses, am Ende Rumäniens meinetwegen, die mich gewisse Emotionen in den Adern spüren lässt?
Eigentlich gibt es hier nicht nur eine trostlose, sondern auch eine lebenserhaltende Gegenwart. Gerade wegen der Lage. Es gibt Fisch- und Touristenfang. Ich logiere im Hotel "Perla", und die Fischsuppe heute Abend war vorzüglich. Die Touristen (jetzt Ende Oktober sind wir etwa fünf...) kommen um sich das Naturparadies des Donau-Deltas zeigen zu lassen.
Mich zog es auf andere Pfade, halt mehr geleitet von der Frage "Was machen die Menschen in Sulina?" als "Was machen die Vögel im Schilf?". 
Und doch fand ich ein paar Vögel. Zum Beispiel den Bier trinkenden Polizisten, der nach einigen "Bucegi" (ist das billigste Bier und heisst eben "Budget") in seinen Jackentaschen vergeblich nach einem Rest Marihuana suchte. Ob er sich morgen daran erinnert, dass er mich zu einer Fischsuppe einladen möchte?

Bilder statt Worte?


Dies ist die Erkenntnis eines anonymen Philosophen. Am äussersten Ende des Deltas, durch einen Steg noch ein bisschen verlängert, hat er sie uns überlassen.

Der Rest in der Reihenfolge des Knipsens:
























Und noch meine Stammkneipe des heutigen Tages, wo der Polizist seine Freizeit verbringt und wo ich einen richtigen Philosophen traf!




Die Wirtin, ihr Sohn und der Philosoph. Beim ersten Besuch am Nachmittag hatte er erst eine schwere Zunge, aber die französischen Namen "Molière" und "La Fontaine" waren noch verständlich. Später am Abend war er dann mehr lallosophisch.
Diesen Satz wollte er mir unbedingt mitgeben:
"Cu cat inveti mai mult cu atat esti mai prost."
(Übersetzungshilfe: Das rumänische Wort "prost" bedeutet "dumm")


31.10.  Heute Natur by bike.




Und ein letzter Satz der Sulina people über sich:
"Vedem primii soarele si ultimi deaptrea." - Wir sehen als Erste die Sonne und als Letzte die Gerechtigkeit.
Sulina - La revedere!