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Samstag, 2. November 2013

B.A.B.A.D.A.G.

Zurück vom Ort der Philosophie. Nach Babadag.


Heute war der Tag der Frauenpower. Angefangen hat es so:


Da kann man das Auto waschen lassen. Die Dichte dieser Waschanlagen im Verhältnis zur Anzahl der Autos ist sicher um ein Vielfaches grösser als die Dichte der Ärzte im Verhältnis zur Bevölkerungszahl. Ich habe auch noch nie gehört, dass die Autowascher nach Westeuropa abwandern, weil sie dort viel mehr verdienen.
Jedenfalls steuerte ich diese Waschanlage an. Nett, mit Gärtli und Blüemli und Tischli. Unüblich. Und vor allem unüblich, dass ich von lauter Frauen empfangen wurde. Sie sassen gerade beim Znüni, so wie Frauen eines Näh- oder Schmuckateliers beim Znüni sitzen. Ja, sie seien alles Frauen, das sei ihr Betriebskonzept. Ich erhielt einen Kaffee offeriert und Maria war für mein Auto an der Reihe. Watch:


Oh Land der ständig wechselnden Extreme! Die nächste Powerfrau behauptet sich auch in einer mehr von Männern besetzten Domäne. In der Philosophie. Sie ist von . . . Sulina natürlich. Die Wirtin, die dem Philosophen halbstündlich den billigen Fusel nachschenkt. Sie erkundigte sich per Telefon, ob es möglich sei, Kommentare zu meinen Blogeinträgen abzugeben, sie habe nämlich mit Google-Übersetzer gelesen darin. (...und ich telefoniere inzwischen ohne Google-Übersetzer auf Rumänisch.) Nachfolgend hat mich Alina mit einigen gehaltvollen Lebensbetrachtungs-SMS aus Sulina beglückt. Alina heisst jetzt für mich "Salina", die Salzstreuende.
Es gibt ein Foto von ihr - geknipst vom Freizeit-Polizisten, der, so spürte ich, nicht nur wegen des günstigen Bucegi-Biers in dieses Kneipchen geht.


Und gleich noch ein Bild des grossen Meisters, der seine Schülerin mindestens mit dem Zur-Verfügung-Stellen seines mobile phones unterstützt hat. Es gehe ihm übrigens heute nicht gut und er sei nicht betrunken... Vive la philosophie!


Babadag entgegen - der Name sei Programm...
Zunächst wieder mal eine Fährenüberquerung der Donau, dann durch wohliges Herbstland an vielen Schafherden vorbei - eben, nach Babadag.





Namen auf der Zunge zergehen lassen...

Zunächst aber einen Übernachtungsplatz in der Nähe suchen.
Und am Morgen so aufwachen:




B.A.B.A.D.A.G. ist einfach. Ist einfach babadag. Ist babadag wie ein Esel. Es gibt viele Esel um Babadag herum. Nur hier. Sonst sind es immer Pferde. Meine Kneipe heisst "La Ane".
Der Name ist Programm.
Mitten in Babadag steht eine grosse Leuchttafel. Nur hier in Babadag. Sie zeigt allen, die in Babadag sind und es sehen wollen, Babadag. Babadag im Sommer und Babadag im Winter, Babadag im Sonnenschein und Babadag im Regen. Babadag bei Tag und Babadag bei Nacht. Einfach babadag.








Babadag hat eine Moschee. Von den Türken erhalten. Auch den Namen Babadag hat Babadag von den Türken erhalten. Von Baba. "Berg des Baba", eben "Babadag".
Die Post hat es sich später selber gegeben. Auf dem Postschild steht: "Babadag"



Wenn man über Rumänien schreibt, muss man die Wörter „lieblich“ und „idyllisch“ nicht unter den Favoriten gespeichert haben. Aber beim Erkunden der Dobrogea, des Gebietes südlich des Deltas, muss man sie gebrauchen. Alleen, herausgeputzte Dörfer, Blumengärten, weisse Mäuerchen,  Schafherden auf weiten Hügeln, gepflegte Felder und Äcker ergeben ein Best-of-Bild von Frankreich, Griechenland, Schottland und Spanien, garniert mit good old bitter Sowjet Zucker.







Ein Grossvater schiebt den Kinderwagen mit seinem jüngsten Enkel und wünscht auf Russisch „Guten Tag“, die Mutter erklärt auf Englisch, dass es nichts mehr sei mit Arbeit in Spanien, der Ältere sagt auf Baskisch, er möchte nach Hause, und der Vater ist jetzt als Fischer auf der britischen Insel Jersey. Nur der Tourist versuchte zwischendurch, ein paar Brocken auf Rumänisch zu platzieren.
Andere, eine Strasse weiter, reden Rumänisch. Sie fragen mich nicht nach Geld oder Essen, sondern nach „munca“, nach Arbeit. Einer fragt nach einer Zigarette – der mit der Bärenmütze und dem Asthma-Inhalationsdöschen.
Heute Morgen bin ich an meinem Schlafplatz unter der Burg nicht nur von der Sonne begrüsst worden. „Dumnezeu, schick mir ein Burgfräulein“, muss ich wohl im Schlaf gewünscht haben, „eines mit ganz roten Lippen.“ Muss man aber ausdrücklich träumen, dass man den Prinzen nicht mitgeliefert haben möchte?